In der Weimarer Republik führte die Praxis von Reichspräsident und Reichsregierung, unterstützt vom Reichstag und anerkannt durch die Staatsrechtslehre, einen dritten außerordentlichen Gesetzgeber ein: den Reichspräsidenten gemäß Artikel 48 der Verfassung. Dieser kann im Ausnahmezustand durch Notverordnungen beinah vollkommen allein regieren.
Obwohl diese Praxis nicht explizit von der Verfassung vorgesehen war, erhält sie eine rechtliche Legitimation durch Entscheidungen höchster Gerichte. Dies führt dazu, dass der Reichspräsident Verordnungen erlassen konnte, die eine weitere konkurrierende rechtsetzende Autorität neben dem ordentlichen Parlament schaffen. Der Reichspräsident tritt somit neben den verfassungsmäßig bestimmten Grundsätzen und dem Volk als dritter außerordentlicher Gesetzgeber neben dem Parlament hinzu.
Der Reichspräsident steht zwar formal unter dem parlamentarischen Gesetzgeber, besitzt jedoch im Ausnahmezustand eine beträchtliche Überlegenheit. Er kann Grundrechte außer Kraft setzen, ohne formelle Vorgänge zu benötigen, und damit den Kern des bürgerlichen Rechtsstaates aushöhlen. Im Gegensatz zum parlamentarischen Gesetzgebungsstaat, der nur das Parlament als Gesetzgeber kennt, erlaubt die Praxis des Artikels 48 die Existenz eines zusätzlichen außerordentlichen Gesetzgebers. Dies verändert das Legalitätssystem grundlegend.
Die Maßnahmen des außerordentlichen Gesetzgebers sind weder gesetzwidrig noch gesetzeskräftig, da sie außerhalb der gesetzlichen Schranken des parlamentarischen Gesetzgebungsstaates liegen. Dennoch wurden durch langjährige Regierungspraxis Verordnungen mit gesetzeskräftiger Wirkung erlassen. Dieser neue Gedankengang beeinflusst das Legalitätssystem der Verfassung, sodass der außerordentliche Gesetzgeber nun über Freiheit und Eigentum verfügen kann, sowohl durch seine Maßnahmen als auch durch gesetzvertretende Verordnungen.
Es gibt jedoch Selbstwidersprüche in der Auffassung des sogenannten „Diktaturparagraphen“ in seiner Anwendung. Die Entstehungsgeschichte des Artikels und die Entwicklung der suspendierbaren Grundrechte zeigen, dass die Weimarer Verfassung voller Widersprüche ist. Insbesondere fehlt im parlamentarischen Gesetzgebungsstaat, wie die Weimarer Republik einer ist, das grundsätzliche Vertrauen in materiell-rechtliche Sicherungen. Dem Parlament wird als ordentlicher Gesetzgeber uneingeschränkt vertraut.
Dies führt zu der Überlegung, organisatorische Bestimmungen als angreifbar und materiell-rechtliche Sicherungen als unantastbar zu erklären. Dies würde jedoch ein anderes Staatswesen als den parlamentarischen Gesetzgebungsstaat darstellen, der die Republik bis dahin war. Die Entartung des Gesetzesbegriffs trägt ebenfalls zu einer verwirrenden Verfassungs- und Staatsrechtslage bei, da die Unterscheidung zwischen Gesetz und Maßnahme, die im Gesetzgebungsstaat essentiell ist, vernachlässigt wird.
In der Praxis zeigt sich, dass der Gesetzgeber selbst die Unterscheidung von Gesetz und Maßnahme aufgegeben hat. Dies manifestiert sich in der Nichtunterscheidung von Gesetz und Maßnahme, die eher auf dem Niveau der Maßnahme verwirklicht wird. Dadurch entspricht der „Diktator“ eher dem Verwaltungsstaat als einem vom Exekutivorgan getrennten Parlament. Denn seine Zuständigkeit besteht darin, generelle, vorher und auf Dauer bestimmte Normen zu beschließen.